Pressemitteilung
Himmelkron, 16.07.2021
STOPPT DEN EINFLUSS DER GESUNDHEITSBERATER AUF KRANKENHAUSREFORMEN
Erklärung zur Umgestaltung der Krankenhauslandschaft in Deutschland und Bayern
Mit Befremden hat die Aktionsgruppe „Schluss mit Kliniksterben in Bayern“ mehrfach auf das „Richtungspapier zu mittel- und langfristigen Lehren - Zwischenbilanz nach der ersten Welle der Corona-Krise 2020“ reagiert, das die Schließung der Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung und Umwandlung in Integrierte Versorgungszentren mit nur noch 12-stündiger Anwesenheit von Ärzten und überwiegend ambulanter Ausrichtung fordert. *1)
„Integrierte Versorgungszentren mit nur noch 12-stündiger Anwesenheit von Ärzten ersetzen keine Krankenhäuser,“ erklärt Klaus Emmerich, Klinikvorstand i.R. „Sie liefern schlechtere Qualität und sorgen für eine klinische 2-Klassenmedizin, mit Spitzenversorgung in Ballungszentren und Verlust medizinischer Klinikstrukturen in ländlichen Regionen. Bayern würde dies als Flächenstaat besonders hart treffen“
„Dazu darf es aus medizinischen und politischen Gründen nicht kommen,“ bestätigt auch Willi Dürr, KAB Regensburg. „Die ländlichen Regionen, in denen die Hälfte der Bevölkerung lebt, dürfen nicht abgehängt werden.
Um dies zu verhindern, hat die Aktionsgruppe Schuss mit Kliniksterben in Bayern insgesamt 2.168 Unterschriften im Rahmen der Petition Petition STOPPT DEN EINFLUSS DER GESUNDHEITSBERATER AUF KRANKENHAUSREFORMEN gesammelt. Die Unterschriften wurden wegen der Corona-Pandemie nicht direkt übergeben sondern Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und den Herausgebern der Studie „Richtungspapier zu mittel- und langfristigen Lehren - Zwischenbilanz nach der ersten Welle der Corona-Krise 2020“, namentlich Bertelsmann Stiftung, Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung und Robert Bosch Stiftung, am 16. Juli zugesandt. *2)
„Wir wehren uns nicht gegen eine Diskussion über veränderte bedarfsorientierte Krankenhausstrukturen,“ erläutert Klaus Emmerich weiter. „Integrierte Versorgungszentren anstelle von Krankenhäusern würden aber große Versorgungslücken in den Bereichen Notfallversorgung, Bereitschaftsdienst, fachärztliche Versorgung, ärztliche und pflegerische Ausbildung und Arbeitsplatzangeboten in ländlichen Regionen reißen.“
Deshalb schließen sich die Initiatoren der Petition der Forderung der Deutschen Krankenhausgesellschaft an, die im Rahmen ihres Krankenhausgipfels 2021 einen Kurswechsel mit vollumfänglicher Finanzierung der Krankenhäuser und einer bedarfsorientierten Krankenhausstruktur forderte. *3)
„Hierzu haben wir klare Vorstellungen,“ erläutert Klaus Emmerich. „Jeder Bürger in Deutschland hat Anspruch auf ein innerhalb von 30 Minuten erreichbares Krankenhaus mit qualitativ hochwertigem Mindestangebot. Zu diesem Mindestangebot zählen die Innere Medizin, die Chirurgie, die Gynäkologie/Geburtshilfe, die Intensivmedizin und eine Notfallversorgung, Notfallstufe 1. Die Forderungen der Bertelsmann Stiftung, des Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung und der Robert Bosch Stiftung würden dagegen eine flächendeckende Kliniklandschaft unnötig zerschlagen, die ihre Leistungsfähigkeit in der Corona-Pandemie eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Es kann nicht sein, dass wenige Institute und Gesundheitsökonomen über die Zukunft der deutschen Krankenhäuser entscheiden wollen, die Meinung der Bevölkerung jedoch keine Rolle spielt. Die Bevölkerung lehnt lt. einer repräsentativen Forsa-Umfrage Klinikschließungen zu 88% ab.“ *4)
Die Forderungen der Petition
1 Namhafte Institute und Berater des Bundes haben umgehend ihre Interventionen für eine gravierende Umgestaltung der deutschen Krankenhauslandschaft mit deutlich weniger Klinikstandorten einzustellen.
2 Bundesregierung und Bundesländer müssen die gravierenden Veränderungen der Krankenhausstruktur sofort stoppen. Die Bürger müssen gefragt werden.
3 Die flächendeckende klinische Versorgung in Deutschland ist elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge. Diese darf nicht in Frage gestellt werden. Die Bevölkerung muss in Beratungsgremien des Bundesgesundheitsministeriums in geeigneter Weise vertreten sein.
Weitere Informationen
Zum Wortlaut der Petition: https://www.openpetition.de/petition/online/stoppt-den-einfluss-der-gesundheitsberater-auf-krankenhausreformen
Das Schreiben vom 16.07.2021 an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: https://stopptgesundheitsberater.jimdofree.com/app/download/13994983989/Schreiben+Bundesminister+%C3%9Cbergabe+Petition+2021-07.pdf?t=1626431559
Das Schreiben vom 16.07.2021 an Bertelsmann Stiftung, Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung und Robert Bosch Stiftung: https://stopptgesundheitsberater.jimdofree.com/app/download/13994984489/Schreiben+Stiftungen+%C3%9Cbergabe+Petition+2021-07.pdf?t=1626431595
Die ganze Pressemitteilung im Wortlaut:
Pressemitteilung
Offener Brief zur Petition STOPPT DEN EINFLUSS DER GESUNDHEITSBERATER AUF KRANKENHAUSREFORMEN
Am 16.07.2021 hatte die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Barmer, das Institut für Gesundheitsforschung, die Bertelsmann Stiftung und die Robert Bosch Stiftung die Petition STOPPT DEN EINFLUSS DER GESUNDHEITSBERATER AUF KRANKENHAUSREFORMEN überreicht. Angesichts der Corona-Pandemie verzichtete die Aktionsgruppe bewusst auf eine persönliche Übergabe. Stattdessen kommentierten sie in einem Schreiben die Stimmergebnisse detailliert.
Es überrascht, dass die Aktionsgruppe bis heute von keinem Adressat eine Rückmeldung erhielten, nicht einmal eine Eingangsbestätigung.
Die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern ist der ansicht:
Die Petitionsunterzeichner haben einen Anspruch auf Ihre Rückmeldung!
Fachkundige im Gesundheitswesen fordern eine Partizipation an der Strukturdebatte für die deutsche Krankenhausgesellschaft. Sie kann nicht wenigen Gesundheitsökonomen und Stiftungen mit exklusivem Zugang zum Gesundheitsminister vorbehalten sein. Die Forderungen nach signifikant weniger Krankenhäusern stellen die flächendeckende klinische Versorgung der Bevölkerung in Frage.
Integrierte Versorgungszentren – wie von Ihnen gefordert - sind aber kein Ersatz für qualitativ hochwertige Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung.
Das Schreiben an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und die Stiftungen / Organisationen nachfolgend im Download:
Eine erste - unverbindliche - Antwort erreicht uns von der Robert Bosch Stiftung:
Auszug:
Die Anregung differenzierter und sachorientierter gesellschaftlicher Diskussionen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit, so auch in der von lhnen aufgegriffenen ,,Zwischenbilanz nach der ersten Welle der Corona-Krise 2020". Dass sich die Empfehlungen der Wissenschaftler:innen, denen dort Raum zu evidenzgestützter Einschätzung gegeben wurde, nicht in jedem der aggregiert betrachteten Aspekte mit lokalen Erfahrungen decken, ist nachvollziehbar. So ist die Frage nach einer pandemie-resistenten Gestaltung des stationären Sektors, auf die Sie wesentlich Bezug nehmen, einer von verschiedenen im Papier behandelten Aspekte einer zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung, und kann nur schwer isoliert von notwendigen Reformen etwa des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, der Pflege oder der Digitalisierung betrachtet werden.